08.09.2022
Zitat:
FCB-Gegner Pyunik Jerewan
Dieser Debütant ist bester Dünger für die Romantik
Am Donnerstag spielt der FC Basel in der Conference League gegen Pyunik Jerewan. Dort spielt Alexander Gonzalez, einst bei YB und Thun – und zuletzt arbeitslos.
Die Stadien, in denen der 29-jährige Venezolaner Alexander Gonzalez spielt, sind aussergewöhnlich im professionellen Fussball. Mal säumen Bäume und im Winter Schneehaufen das Spielfeld; mal steht direkt hinter dem Tor eine Betonmauer oder eine Backsteinhütte.
Von der armenischen Liga träumt keiner, wenn er einmal gegen Liverpool gespielt hat.
Hier in Vorderasien ist Gonzalez also gelandet: beim FC Pyunik Jerewan, einem Debütanten in den europäischen Gruppenphasen und ersten Gegner des FC Basel in der Conference League. Zehn Jahre, nachdem er bei den Young Boys die grosse Karriere anvisiert hatte.
Er war als 19-jähriger Nationalspieler von der venezolanischen Hauptstadt Caracas nach Bern gewechselt. Die «Berner Zeitung» schrieb damals: «Alexander Gonzalez wird bald Publikumsliebling und Kultfigur im Stade de Suisse sein.»
18 Monate später war er Leihspieler in Aarau. Immerhin Super League. Dann spielte er in Thun, wo er seinen Höhepunkt erlebte, als er der Freundin in der Stockhornarena einen Heiratsantrag machte. Als 23-Jähriger verschwand er in der zweiten spanischen Liga. Die Gegner hiessen jetzt Ponferradina und Fuenlabrada, und im Europacup spielten sowieso andere.
Auch die Europa League ist in den Händen der Top-5-Ligen
Immerhin verteidigte Gonzalez als YB-Spieler einmal gegen den heutigen Basel-Trainer Alex Frei. Und er hat es in der Europa League bis an die Anfield Road geschafft.
Es war die Zeit, da die Super League ihren Meister regelmässig in die Gruppenphase der Champions League entsandte. Damals war es für einen Verein wie den FC Basel eine Enttäuschung, wenn er in der Qualifikation scheiterte. Etwa 2015 gegen Maccabi Tel Aviv, bevor er mit Trainer Urs Fischer in den Achtelfinal der Europa League vorstiess.
Für einen Schweizer Club entfernen sich diese Weihen immer weiter. Denn auch die Europa League entwickelt sich Jahr für Jahr in Richtung der grösseren Ligen. In den letzten neun Saisons besetzten Clubs aus den Top-5-Ligen 29 der 36 Halbfinal-Plätze.
"Für einen Platz in der Gruppenphase überweist die Uefa 2,94 Millionen Euro. Clubs wie Pyunik Jerewan haben keine Chance, irgendwo sonst so viel Geld zu verdienen."
Deswegen hat die Uefa 2021 die Conference League geschaffen. Seither spielen 96 Teams in den Gruppenphasen der drei europäischen Wettbewerbe. Das sind 16 mehr als zuvor.
Die Namen der Teilnehmer werden immer exotischer. Das ist bester Dünger für die Fussball-Romantik. Die «New York Times» hat die Conference League deswegen einmal so beschrieben: «Der beste Wettbewerb in Europa ist der, den Sie sich nicht anschauen.»
Die Conference League hat es möglich gemacht, dass in den letzten zwei Jahren fünf Verbände erstmals in ihrer Geschichte in einer Gruppenphase vertreten sind: 2021 waren das Estland (FC Flora Tallinn), Gibraltar (Lincoln Red Imps FC) und Armenien mit dem FC Alashkert, Ligakonkurrent des Basler Gegners FC Pyunik Jerewan; 2022 sind es Liechtenstein (FC Vaduz) und Kosovo (KF Ballkani).
Für einen Platz in der Gruppenphase überweist die Uefa 2,94 Millionen Euro an diese Vereine. Sie haben keine Chance, irgendwo sonst so viel Geld zu verdienen.
Gonzalez kämpft sich zurück aus der Arbeitslosigkeit
Im Februar 2022 hat Gonzalez bei Pyunik unterschrieben. Er kam zum armenischen Rekordmeister zu einem Zeitpunkt, da dieser gemäss dem Portal Transfermarkt nur Spieler holte, die ablösefrei waren. Oder arbeitslos. Gonzalez war einer der Arbeitslosen.
Die vier Monate zuvor hatte er in einer Trainingsgruppe des spanischen Fussballverbands zugebracht; mit den anderen, die gerade niemand mehr brauchen konnte. Jede Einheit verbunden mit der Hoffnung, wieder irgendwo unterzukommen. Gonzalez verlor in dieser Zeit seinen Platz in der Nationalmannschaft. 58 Länderspiele hatte er bis dahin bestritten, gegen Neymar, Messi, Iniesta.
Jetzt kehrt er mit Pyunik in den europäischen Wettbewerb zurück: am Donnerstag im St.-Jakob-Park gegen den FC Basel, sieben Jahre nach seinem letzten Spiel im Europacup.
Während also die Young Boys zum ersten Mal seit 2015 die Gruppenphasen verpasst haben, legt sich ihr ehemaliger Spieler Alexander Gonzalez in der Conference League mal wieder in die Auslage. Und vielleicht leitet das ja die Auferstehung seiner Karriere aus der Asche der letzten Jahre ein.
Pyunik ist jedenfalls das armenische Wort für Phoenix.
https://www.bernerzeitung.ch/er-sollte- ... 0009720411