Salzburger Nachrichten, 27.01.2010
Schwegler: "Ich war der ewige Zweite!"Christian Schwegler ist der einzige Schweizer in der österreichischen Bundesliga. Höchste Zeit für ein Gespräch über Fußball vor und hinter dem Arlberg.
Österreich und die Schweiz - eine Nachbarschafts-Liebe mit Hindernissen! Im Ski-Weltcup flitzen uns Cuche & Co. um die Ohren. Dafür können wir weiter springen als die Eidgenossen. Auch im Fußball gibt es die ewige Hassliebe. Doch wie schwer hat es ein Kicker aus der Schweiz in Österreich?
sportnet.at hat Bullen-Verteidiger Christian Schwegler gefragt - und gleich auch noch herausgefunden, was es mit seinen Bomben-Einwürfen auf sich hat und warum er in der „Nati“ kein Leiberl hat.
Du bist der einzige Schweizer in der Bundesliga. Umgekehrt gibt es keinen Österreicher in der Super League. Schlägt die Rivalität jetzt schon in Misstrauen um?
„Das Liga-Niveau ist fast gleich. Großklubs wie Basel oder Zürich sind in etwa gleich stark wie Salzburg oder Rapid. Deshalb gibt es wohl auch kaum Transfers. Die Spieler wollen lieber in ihrem eigenen Land spielen oder gleich in eine große Liga wechseln.“
Gibt es wirklich keinen Unterschied?
„Das Leistungsgefälle innerhalb der Liga ist in der Schweiz vielleicht nicht ganz so groß wie in Österreich. Aber insgesamt sind sich beide Länder sehr ähnlich.“
Du bist im Sommer von Young Boys Bern gekommen. Die sind in der Schweiz jetzt Tabellenführer. Wozu also der Wechsel?
„Ich habe dreieinhalb Jahre bei Young Boys gespielt, war zwei Mal Vizemeister, habe zwei Mal das Pokalfinale verloren. Ich war der ewige Zweite. Ich hatte zwar eine wunderschöne Zeit in Bern ? aber als die Anfrage aus Salzburg kam, war mir sofort klar, dass ich diese Chance nutzen will.“
Dein erstes Auslands-Engagement in Bielefeld ist aber fehlgeschlagen.
„Ein typischer Fall von 'Zur falschen Zeit am falschen Ort'. Ich kann nicht einmal sagen, warum es nicht geklappt hat. Ich war noch jung, hatte eine gute Vorbereitung gemacht und kam dann in der Meisterschaft nie zum Zug. Es war trotzdem eine wichtige Erfahrung für mich. Wahrscheinlich war es sogar hilfreich bei meinem Wechsel im Sommer nach Salzburg.“
Wobei du auch in Salzburg in den ersten Wochen Anlaufschwierigkeiten hattest und beim Publikum schon als Fehlkauf abgeschrieben wurdest.
„Ich habe mich von Spiel zu Spiel gesteigert. Eine gewisse Eingewöhnungsphase braucht jeder Spieler. Das ist ein ganz normaler Prozess, wenn man in eine neue Mannschaft kommt. “
Muss man sich als Schweizer in Österreich überhaupt eingewöhnen?
„Das fällt natürlich relativ leicht, die Sprache ist ja fast dieselbe. Auch die Lebensart ist in Österreich sehr ähnlich wie in der Schweiz. Sportlich gesehen muss man sich aber immer erst einmal zurecht finden ? mit den Spielern, mit dem Umfeld, einfach mit allem. Ich war im letzten halben Jahr Stammspieler, also dürfte mir das ganz gut gelungen sein.“
Erfahren Sie auf Seite 2, wie weit Salzburg in der Europa League kommen kann und lesen Sie den Wordrap zwischen sportnet.at-Redakteur Gernot Hörwertner und Christian Schwegler!
Wie weit kann Salzburg in der Europa League kommen?
„Standard Lüttich ist sicher ein Gegner, den man schlagen kann. Man muss sich natürlich bewusst sein, dass es kein Selbstläufer wird. Weiter denken wir noch nicht, das hätte auch gar keinen Sinn. Wir dürfen uns nicht auf die Europa League verlassen. Oberste Priorität hat ohnehin die Meisterschaft.“
Wo kommen eigentlich deine Bomben-Einwürfe her?
„Das fragen mich viele Leute. Was soll ich sagen ? es ist einfach eine Gegebenheit. Ich habe das nie speziell trainiert. In der Juniorenzeit habe ich noch im Mittelfeld gespielt, da musste ich nie einwerfen. Als ich dann Verteidiger war, habe ich plötzlich bemerkt, dass meine Einwürfe weiter gehen als bei allen anderen. Da habe ich es zu einer Waffe gemacht.“
Der FC Basel will dich angeblich in die Schweiz zurück holen. Eine Option für dich?
„Ich habe das selbst nur in den Medien gelesen. Mit dem Klub hatte ich nie Kontakt. Wenn Basel anrufen würde, würde ich sagen, dass ich hier Vertrag habe, in Salzburg glücklich bin und ein Transfer im Moment nicht der Rede wert ist. Ich bin keiner, der wegrennt. Natürlich kann man im modernen Fußball nie wissen, es geht oft schnell? Aber darüber denke ich im Moment nicht nach.“
Dein Vertrag läuft 2012 aus. Wo siehst du dich in zweieinhalb Jahren?
„So weit möchte ich gar nicht nach vorne blicken. Ich möchte mich hier gut entwickeln, weiter Stammspieler sein. Dann werden wir schon sehen, was 2012 ist.“
Würde dich ein Transfer in eine internationale Top-Liga nicht noch einmal reizen?
„Klar, der Reiz ist immer da. Es ist aber kein Hängen und Würgen. Ich versuche mein Bestes für Red Bull Salzburg zu geben ? vielleicht wird das ja dann noch einmal irgendwo anders honoriert.“
Warum werden deine Leistungen im Schweizer Nationalteam nicht honoriert?
„Darüber mache ich mir keinen Kopf mehr. Ich bin seit einigen Jahren Stammspieler in jedem Verein und wurde nie berücksichtigt. Es gibt schon Gerüchte, dass ich ein Thema bin. Aber offiziell hat mit mir noch niemand gesprochen, auch nicht Teamchef Ottmar Hitzfeld.“
Obwohl die Schweiz und Österreich sehr ähnlich sind, habt ihr seit Jahren mit der Nationalmannschaft mehr Erfolg als wir.
„Ich kenne die Arbeit in Österreich noch nicht so gut. In der Schweiz wurde vor über zehn Jahren erkannt, dass man sich auf die Jugend konzentrieren und ein Konzept entwickeln muss. Das wurde hervorragend umgesetzt, in jedem Klub wird super mit der Jugend gearbeitet. Die Erfolge von heute sind die Ernte der Arbeit in der Vergangenheit.“
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