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YB-Neuling Lakomy

«Es ist eine wunderschöne Stadt»

Der Pole Lukas Lakomy ist einer der Neuverpflichtungen der Young Boys. Im Interview spricht er über das Leben in Bern und wie er im Team aufgenommen wurde.

YB: Das bedeutet der Torjubel von Rieder-Nachfolger Lukasz Lakomy

YB gewinnt erstmals seit fast zwei Jahren in Genf. Den einzigen Treffer gegen Servette erzielt Neuzugang Lukasz Lakomy, der nach dem Spiel seinen Jubel erklärt.

Das Wichtigste in Kürze

- Im ersten Spiel nach dem Wechsel von Fabian Rieder trifft dessen Nachfolger Lukasz Lakomy.
- Der Pole grüsst mit seinem Torjubel seine Freundin.

Erinnern Sie sich noch an den Torjubel von Jordan Siebatcheu? Der Stürmer spielte bis vor einem Jahr bei YB, erzielte in 88 Spielen stolze 42 Treffer für die Berner. Und diese Tore feierte der heute 27-Jährige stets mit einer speziellen Geste, bei denen er die Zeigefinger aneinanderhielt.

«Diese Geste zeigt meine Verbindung zu allen, die mich unterstützen», sagt der Franzose damals zu Nau. Mittlerweile spielt Jordan, wie er sich nun nennt, leihweise bei Mönchengladbach und trifft dort auf seinen Ex-YB-Trainer Gerardo Seoane.

In Bern gibt es seit Sonntag bereits einen neuen Torjubel, der Fragezeichen aufwirft. Bereits nach zwei Minuten netzt Lukasz Lakomy auswärts bei Servette ein. Und der Pole formt beim Jubel ein «M» aus seinen Fingern.

Das «M» steht aber nicht etwa für «Meister», sondern ist ein Liebesgruss an seine Freundin Magdalena. Ganz einfach also. Und ganz einfach scheint sich der 22-jährige Pole auch in seine neue Rolle eingefügt zu haben.

Lakomy soll nämlich in die grossen Fussstapfen von Fabian Rieder treten, der für 15 Millionen zu Rennes wechselte. Mit dem Siegtreffer in Genf ist ihm das schon mal nicht schlecht gelungen.

Nach der Nati-Pause geht es für YB mit dem Cupspiel bei Xamax weiter. Anpfiff auf der Maladière ist am 15. September um 19.30 Uhr.

«In Fabian Rieders Fussstapfen zu treten, ist nicht ganz einfach»

Mit Lukasz Lakomy haben die Young Boys ein Juwel ausgegraben. Der 22-jährige Pole kompensiert den Abgang Fabian Rieders nach Mass – und hat Hunger nach Erfolg.

Darum gehts

- Lukasz Lakomy tritt bei Meister YB das Erbe von Fabian Rieder an.
- Nach vielversprechendem Beginn möchte der Pole nun durchstarten.
- Vor dem CL-Spiel gegen Leipzig hat ihn 20 Minuten in Bern besucht.

Auf Polnisch heisst «lakomy» so viel wie «hungrig». Dass Berns neuer Shootingstar Lukasz Lakomy hungrig auf Erfolg ist, hat der offensive Mittelfeldspieler bereits unter Beweis gestellt. Dass er auch neue Sprachen einsaugt, als wären sie Delikatessen, zeigte er im Gespräch mit 20 Minuten: «Ich sprechen in Deutsch, aber es ist schwer», demonstrierte der talentierte Pole ganz zu Beginn des Interviews. Kurz darauf legte er in stilsicherem Französisch ein stilsicheres «Bonjour, ça va? Je m’appelle Lukasz» nach. Schliesslich ging es an die Fragen – auf Englisch.

Lukasz Lakomy, hilft Ihre Sprachgewandtheit, sich im neuen Team schneller zurechtzufinden?

In der Mannschaft werden verschiedene Sprachen gesprochen. Ich versuche jeweils, mich anzupassen. Vor allem auf dem Platz. Einfache Kommunikation mit Cheikh Niasse zum Beispiel findet längst auf Französisch statt. (lacht) Dinge wie «à gauche» («links»), «à droite («rechts»), «derrière» («hinter dir»).

Stimmt es, dass YB Ihnen ein Mal pro Woche einen Deutschkurs angeboten hatte, Sie aber auf mehr bestanden haben?

Ja, ein Mal pro Woche war mit anderen Spielern des Teams. Ich wollte aber schneller Fortschritte machen. Es ging mir etwas zu langsam.

Die Mehrsprachigkeit ist eine Berner Spezialität. Wie gefällt Ihnen Ihr neues Zuhause?

Ich war überrascht, als ich hier hergekommen bin. Die Altstadt ist wunderschön. Und das Flusswasser ist so blau und sauber, das habe ich in Polen noch nie gesehen. Mir gefällt es hier.

Sie sind als neuer Spieler zu einer eingeschworenen Einheit gestossen. Wie verlief die Integration?

Bereits nach dem ersten Training fragte mich Loris (Benito, Anm. d. Red.), ob ich mit ihm etwas essen gehen wollte. Das hat mich überrascht. Allgemein haben alle ein offenes Ohr, alle bieten Hilfe an.

In diesem Moment fuhr Mittelfeld-Kollege Kastriot Imeri mit dem Auto eines Werbepartners durch die Arena, hupte in Richtung Tribüne, wo das Interview stattfand und schrie «Hopp YB».

Kommen wir zur Position. Sie treten im Mittelfeld in die grossen Fussstapfen von Fabian Rieder.

Es ist sicher nicht ganz einfach. Fabian Rieder schoss viele Tore, machte viele Assists und war einer der besten Spieler des Teams. Die Fans haben ihn geliebt. Das bringt natürlich grossen Druck mit sich. Aber das gehört halt dazu.

Am einfachsten lenkt man die Liebe der Fans mit Toren auf sich selbst. Auswärts in Genf hat es ein erstes Mal geklappt.

Ich habe bereits in der Vorbereitung dreimal getroffen. Aber in Genf war es das einzige Tor eines wichtigen Spiels. Da wurde ich vom Team schon ziemlich gefeiert. Das möchte ich mehr erleben.

«Der Fussball in der Schweiz ist intensiver.»
Lukasz Lakomy

Wie bewerten Sie das Niveau der Super League im Vergleich zum polnischen Fussball?

Es ist intensiver. Man muss mehr dafür tun, den Ball zu holen und zu behalten.

… und in Sachen Atmosphäre?

Hier ist es unglaublich. Weit über 30’000 Fans peitschen dich hier zum Sieg. Das war in meinem letzten Club in Polen (Zaglebie Lubin, Anm. d. Red.) anders.

«Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um zwei nach vorne zu machen.»
Lukasz Lakomy

Sie galten schon lange als grosses Talent im polnischen Fussball, haben aber den Sprung in die erste Mannschaft von Legia Warschau nicht geschafft und mussten nach Lubin ausweichen.

Ich spielte lange in der zweiten Mannschaft und war sehr ambitioniert. In den Gesprächen mit den Direktoren haben sie mir stets gesagt, ich solle geduldig sein. In Lubin bekam ich die Chance, in der obersten Liga zu spielen. Manchmal muss man einen Schritt zurückgehen, um zwei nach vorne zu machen.

Zwei Schritte nach vorne: Heisst nun YB und Champions League.

Ja, nun bin ich hier. Hätte mir das jemand vor einem halben Jahr gesagt, ich würde diesen Herbst in der Königsklasse spielen, hätte ich gelacht. Es ist ein riesiger Traum, der in Erfüllung geht. Bereits nach dem Maccabi-Rückspiel war ich drei Tage geschockt.

Am Dienstag wartet Leipzig mit Gegenspielern wie Xavi Simons.

Das ist ein wunderbarer Auftakt in die Gruppenphase. Leipzig hat eine sehr gute Mannschaft mit vielen tollen Spielern. Aber wir sind auch stark und das wollen wir am Dienstag unbedingt zeigen.

Sie haben einen Bruder, Mateusz, der selbst Fussball spielt. Holen Sie ihn auch in die Schweiz?

(lacht) Er spielt mittlerweile in der fünfthöchsten Spielklasse und hat Schulterprobleme. Das wird wohl nichts mehr. Aber ich konnte viel von seiner Erfahrung profitieren, weil er einst sehr talentiert war und einige unglückliche Entscheide getroffen hat.

Hat er Sie bereits besucht?

Ja, er war in Genf dabei, als ich mein erstes Tor geschossen habe. Bei meinem ersten Tor in Lubin war meine Schwester dabei. Sie bringen mir Glück.

Wer wird am Dienstag zuschauen?

(lacht) Meine Freundin Magdalena.

Lakomy verabschiedete sich mit einem «bon après-midi» («schönen Nachmittag»), bevor er das Stadioninnere des Wankdorfs in Richtung Garderobe verliess – und rief die polnische Übersetzung «miłego popołudnia» hinterher.

Mit der ersten Ballberührung

YB-Held Lakomy erklärt sein kurioses Freistoss-Tor

Mit seinem Joker-Tor beschert Lukas Lakomy (23) YB einen 2:1-Sieg gegen Winterthur. Weil seine Teamkollegen auf den Polen hören.

Handgestoppte 27 Sekunden steht Lukas Lakomy (23) gegen Winterthur auf dem Platz, als sein Freistoss zum 2:1-Siegestreffer ins Netz segelt. YB-Leihgabe Marwin Keller (21) ist beim abgelenkten Versuch ohne Abwehrchance. Und muss anschliessend zusehen, wie der Berner Superjoker zum Jubeln abdreht.

Nach der Partie verrät YB-Held Lakomy: «Ich habe zuerst gar nicht realisiert, dass wir einen Freistoss haben.» Erst als er auf den Platz gelaufen sei, habe er die Position des Balles gesehen. «Ich habe dann sofort meinen Teamkollegen zugerufen, dass ich schiessen möchte», erzählt der Mittelfeldspieler. Und weil die YB-Standardschützen Males und Lauper zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz stehen, kommen seine Teamkollegen dem Wunsch des Polen nach.

«Ein verrückter Moment. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal mit meiner ersten Ballberührung ein Tor erzielt zu haben. Auch bei den Junioren nicht», sagt Lakomy. Sein zweiter Treffer im YB-Dress sei darum sogar noch etwas spezieller als sein Debüttor. Das Trikot vom Sieg gegen Winterthur soll darum im Sommer einen Platz in seinem Elternhaus in Polen bekommen.

YB wieder auf Meisterkurs

Bis auf den kuriosen Lakomy-Treffer gibt der Berner Auftritt auf der Schützenwiese allerdings wenig her, das langfristig in Erinnerung bleiben wird. Das Team von Interimstrainer Joël Magnin legt auf der Schützenwiese zwar einen ordentlichen, aber alles andere als unwiderstehlichen Auftritt hin. «Am Ende hatten wird das nötige Glück auf unserer Seite», sagt darum auch Sandro Lauper im Blue-Interview.

Zumindest resultatmässig scheint YB aber rechtzeitig zum Start der Championship Group wieder den Tritt gefunden zu haben. Nach dem Sieg gegen Winterthur haben die Berner zehn Punkte aus den letzten vier Spielen gesammelt. Der Vorsprung auf Verfolger Lugano beträgt fünf Runden vor Schluss weiter sechs Zähler.