26.02.2018
Zitat:
FUSSBALL | "DIE ARBEIT MACHT MICH GLÜCKLICH"
Die Zeit, als ein Fussballtrainer die Arbeit selbst erledigte, ist seit der Professionalisierung vorbei. Der Cheftrainer wird unterstützt von verschiedenen Mitarbeitern, von Spezialisten diverser Fachbereiche. Beim Grasshopper Club Zürich arbeitet Chef Murat Yakin mit seinen Assistenten Bruder Hakan und Patrick Schnarwiler, Goalietrainer Christoph Born, Konditionstrainer Timo Jankowski. GC INSIDER stellt Patrick Schnarwiler vor.
Zusammen mit Hakan Yakin übernimmt Patrick Schnarwiler neben verschiedenster Vorbereitungs- und Betreuungsaufgaben bei den Trainingseinheiten das Einlaufen und einzelne Übungsteile. Er unterstützt Hakan auch beim Stürmertraining, selektioniert und stellt in enger Zusammenarbeit mit dem Cheftrainer nach den Spielen die für eine Nachbesprechung relevanten Spielszenen auf eine fünf- bis zehnminütige Videoanalyse zusammen, macht das gleiche für die Matchvorbereitung. Während der Spiele sitzt Patrick Schnarwiler in der ersten Hälfte auf der Bank und bietet allfällige Unterstützungen, im zweiten Durchgang ebenfalls, wechselt aber auch zu den sich einlaufenden Auswechselspielern und bereitet diese auf ihren allfälligen Einsatz vor. Und nach dem Spiel ist er für den Belastungsausgleich jener Spieler zuständig, die nicht oder nur kurzzeitig zum Einsatz gekommen sind.
Ein Weltstar als Trainer
Patrick Schnarwiler ist ein Fachmann. Seine Karriere als Fussballer begann in der Juniorenabteilung des FC Zug, wo er bereits als 15-Jähriger ins Erstliga-Team berufen wurde. Trainer war Johan Neeskens, eine Legende in Holland, spielte von 1974 bis 1979 beim grossen FC Barcelona. Er galt als legendäre Tulpen-Rakete und kongenialer Partner von Johan Cruyff. Neeskens war später neben Frank Rijkaard auch Co-Trainer bei den Katalanen. Neeskens hat auch ein Schweizer Herz. Mit einer Schweizerin verheiratet wohnt er in Goldau SZ, ist aber mehrheitlich als Ausbildner in diversen Projekten des holländischen Fussballverband weltweit unterwegs. Dieser ehemalige Weltklasse-Fussballer wurde zum eigentlichen Förderer des jungen Spielers Schnarwiler. "Ihm habe ich viel zu verdanken", sagt dieser über den ehemaligen holländischen Internationalen, "obwohl er mich nicht nur gefördert, sondern auch stark gefordert hat. Heute achtet man darauf, dass die jungen Talente nicht unter Überlastung leiden. Zu meiner Zeit war das kein Thema. Es kam öfters vor, dass ich als 16-Jähriger in der Juniorenmannschaft spielte, am Samstag in der 1. Mannschaft und am Sonntag in der 3. Liga mit dem zweiten Team. Sicher, nicht jeder Einsatz ging über die volle Distanz, aber die Belastung war dennoch enorm, schliesslich absolvierte ich zu jener Zeit eine Lehre als Hochbauzeichner."
Wechsel zu einem weiteren bekannten Trainer
Nachdem man in der Nachbarschaft auf den jungen Schnarwiler aufmerksam geworden war, wechselte er in die Nationallia-B zum SC Kriens, "obwohl ich mir keine grossen Chancen ausrechnete, einen Stammplatz zu ergattern". Da irrte er aber. Trainer Jochen Dries hielt grosse Stücke auf den jungen Spieler. Schnarwiler enttäuschte seinen Trainer nicht. "Ein grosses Erlebnis war es, als wir 1996 den Aufstieg in die NLA schafften und im Stadion Kleinfeld so manchen übermächtig scheinenden Gegner geschlagen nach Hause schickten, auch den FC Basel und den Grasshopper Club. Aber am Ende der Saison konnte die Heimstärke den Abstieg nicht verhindern, denn in fremden Stadien holten wir keine Ananas", blickt Patrick Schnarwiler zurück.
Ein Traum ging in Erfüllung
"Als Bub war ich grosser Fan des FC Luzern. Als Zehnjähriger zum Beispiel fuhr ich einmal von Zug mit dem Zug nach Luzern, kaufte mir für vier Franken ein Ticket und wohnte in der Allmend einem Spiel des FC Luzern bei. Zu Hause hat niemand meine temporäre Abwesenheit bemerkt. Erst später erzählte ich von meiner Exkursion, die Eltern fanden's lustig. Hätten sie's aber damals bemerkt, wäre wohl ein Donnerwetter losgegangen", schmunzelt Patrick Schnarwiler.
15 Jahre später ging für Patrick Schnarwiler ein Traum in Erfüllung, der Traum, den er als junger Bub geträumt hatte: einmal auf der Allmend zu spielen. In der Saison 1997/98 folgte er einem Angebot des FC Luzern und wurde auf der Position des Aussenverteidigers rasch zum Stammspieler, war Teamkollege zum Beispiel von Christoph Spycher, Thomy Wyss, Stephan Wyss, Patrick Foletti und Kubilay Türkyilmaz, alle mit GC Bezug. Ähnlich lang war auch die Liste der Trainer, die sich in jener Zeit auf der Allmend beim FCL in rascher Folge die Türklinke in die Hand gaben: Martin Müller, Egon Kordes, Bigi Meier und Andy Egli... Unter dem ehemaligen GC Abwehrrecken wurde Schnarwilers Vertrag nicht verlängert. Er ging zurück nach Kriens, musste dann aber ein Jahr später verletzungsbedingt seine Karriere beenden. "In dieser harten Zeit kam mir zugute, dass ich nie die Bodenhaftung verloren hatte." Er baute sich eine Zukunft in der Wirtschaft auf, nachdem er schon während der Fussballerzeit diverse Weiterbildungen absolviert hatte, arbeitete u.a. im Computerbereich und war dann bei einer Arbeitsvermittlungsfirma als Consulant und dann Fillialleiter angestellt. "Eine sehr lehrreiche Zeit, die mich geprägt hat zum Beispiel was Arbeitstechnik, Organisation, Arbeitsmoral angeht", blickt Schnarwiler zurück. "Aber, nachdem ich die Trainerausbildung absolviert hatte, zog es mich zurück zum Fussball." Dafür gab er einen guten Job auf und bewarb sich beim FC Luzern, wo er wieder auf Andy Egli traf, der jetzt Leiter Nachwuchs war, also wieder sein Chef. "Wir haben uns sehr gut verstanden". Sein anfängliches 30 Prozent-Pensum steigerte Schnarwiler nach Übernahme verschiedenster Aufgaben sukzessive, übernahm verschiedene Spezialaufgaben, wobei er auch seine Affinität zum Computer einsetzen konnte. Er kam auf sechs Jahre in der Nachwuchsabteilung des FC Luzern. 2016 dann der harte Schlag. Schnarwiler musste gehen. Der Vater zweier Kinder hatte Mühe, dieses Verdikt, weil nicht nachvollziehbar, wegzustecken. Der Kämpfer rappelte sich aber wieder auf, obwohl die Jobsuche lange Zeit erfolglos verlief , weil im Fussball zu jener Jahreszeit die Möglichkeiten arg beschränkt sind. Bis ihm zu Ohren kam, dass beim Grasshopper Club ein Talentmanager gesucht wird.
"Die Arbeit macht mich glücklich"
"Die Marke GC hat mich gereizt", sagt Schnarwiler. "Ich wurde zwar lange auf die Folter gespannt, der Entscheid seitens der GC Verantwortlichen liess auf sich warten. Dann ging aber alles sehr schnell. Bereits drei Tage nach dem positiven Entscheid trat ich die Stelle an. Ich war wieder happy." Er arbeitete sich rasch in ein für ihn neues Gebiet ein, betreute die jungen Talente auf ihrem Weg ins Fanionteam. Nach Tamis Abschied übernahm ihn Carlos Bernegger als Assistent, die Funktion, die auch unter Trainer Murat Yakin nicht änderte. "Die Arbeit mit Murat macht ich glücklich, ich schätze ihn als Mensch und Trainer sehr."
Sein ausgeglichenes Wesen hat Patrick Schnarwiler wesentlich geholfen, sich den verschiedenen Veränderungen in seiner Karriere anzupassen, hat vor allem auch dafür gesorgt, dass ihn der Einschnitt beim FCL zwar durchgerüttelt, nicht aber aus der Bahn geworfen hat. Gepaart mit seiner Anpassungsfähigkeit und seiner Loyalität zu den Vorgesetzten ist er der "geborene" Assistent, der aber auch seine Meinung einbringt und damit ein wichtiger Gesprächspartner für seine Chefs ist.
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