Der Bund, 04.08.2009
Doumbias Weg zu den Young BoysSeydou Doumbia ist der europaweit umworbene Überflieger der Super League. Aber wie kam der 21-jährige Stürmer überhaupt zu YB? Sein Transfer nach Bern ist eine romantische Geschichte um Glück, Zufall und Vertrauen.
Doumbia hat für YB in knapp 13 Monaten 25 Tore erzielt. (Keystone)
Die Pressemitteilung war nur einige Zeilen lang: YB teilte am 6. Juni 2008 mit, die Stürmer Eudis und Seydou Doumbia seien verpflichtet worden. Eudis vom FCZ sollte der neue Torjäger sein, Doumbia das 20-jährige Talent mit Entwicklungspotenzial. Mittlerweile gilt der Ivorer als bester Transfer der Young Boys (vielleicht sogar aller Zeiten). Über zehn Millionen Franken sind zuletzt für den Stürmer geboten worden – Tendenz stark steigend. Das ist eine fantastische Wertsteigerung innerhalb von zwölf Monaten, die selbst die kriminellsten Spekulanten der skrupellosen Investmentbanken ihren gierigsten Kunden vor zwei, drei Jahren nicht hätten versprechen können. 200000 Franken bezahlte YB vor einem Jahr für die Dienste Doumbias, den die Vereinsverantwortlichen in diesem Sommer für unverkäuflich erklärt haben. Der Vertrag des umworbenen Torjägers läuft bis 2014, doch er dürfte erheblich früher zu einem europäischen Topklub wechseln.
Aber wie kam Seydou Doumbia überhaupt zu YB? Die Geschichte des Transfers ist im oft kalten Fussballbusiness eher selten, sie hat eine romantische Seite – und ist ziemlich witzig.
Der Besuch in AbidjanEnde April 2008 also reisten YB-Sportchef Alain Baumann und Stadion-CEO Stefan Niedermaier nach Abidjan, um die Fussballschule in der Elfenbeinküste zu besuchen, mit der YB zusammenarbeitet. Im Vereinsheim hing ein Trikot des japanischen Vereins Kashiwa Reysol. Die Berner Delegation erkundigte sich, wie dieses Shirt nach Abidjan gekommen sei. Olivier Koutoua, der Leiter der Fussballschule, erklärte, das Trikot sei von Seydou Doumbia, der in Japan spiele und dort sehr unglücklich sei.
Koutoua, der Doumbia in dessen nicht einfacher Jugend viel geholfen hatte und die wichtigste Bezugsperson des Stürmers ist, pries die Fähigkeiten seines ehemaligen Schützlings in den höchsten Tönen. In der Saison 2004/05 war Doumbia als 18-Jähriger bei AS Denguélé Torschützenkönig der obersten ivorischen Liga geworden. «Was wir hörten, war beeindruckend», sagt Niedermaier. Und Baumann sagt: «Wir besorgten uns Videoaufnahmen, was nicht einfach war, aber natürlich konnten wir nicht ahnen, wie toll und schnell sich Doumbia entwickeln würde.»
Ohne Scouting geholtDie Personalie Doumbia genoss bei YB, das damals geradewegs der (schliesslich verlorenen) Finallisima in Basel entgegensteuerte, nicht oberste Priorität. Doch zurück in Bern unterhielten sich Baumann und Niedermaier auch mit YB-Spieler Thierry Doubai, der sich wenige Tage zuvor, am 27.April 2008, beim 2:1-Sieg in Sion gerade seinen ersten von mittlerweile zwei Kreuzbandrissen zugezogen hatte. Doubai schwärmte ebenfalls von Doumbias Fähigkeiten, die beiden Afrikaner hatten Jahre zuvor in Abidjan in der Fussballschule zusammengespielt. Und Doubai bearbeitete jetzt auch mit Vehemenz seinen französischen Berater Jean-Bernard Beytrison, er solle den Wechsel Doumbias zu YB forcieren.
Die enge Zusammenarbeit der Young Boys mit Beytrison und das mögliche Abhängigkeitsverhältnis zu dessen Agentur Universal Management SA ist schon oft kritisiert worden. «Doch wir haben zu Beytrison ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und gute Erfahrungen gemacht», sagt Stefan Niedermaier. Ende Mai 2008 jedenfalls riskierten die Young Boys die überschaubare Investition in einen Fussballer, den sie nie gescoutet hatten. «Das machen wir sonst eigentlich nicht. Wir beobachten jeden möglichen Zugang vorher live», sagt Sportchef Baumann.
Bald Doumbia mit DoubaiAuch im Fussball braucht es manchmal Glück und Zufälle, das zeigt der Fall Doumbia. Und so vertraute YB den Informanten und verpflichtete einen Fussballer, der im Probetraining vermutlich durchgefallen wäre, weil er relativ wild spielte und taktische Mängel aufwies. Seydou Doumbia konnte in Bern in aller Ruhe reifen, er profilierte sich als Edeljoker – und wurde Torschützenkönig. Doumbia gefällt es bei YB und mit den Landsleuten Gilles Yapi und Youssouf Traoré – und bald endlich kann er auch mit Thierry Doubai, dem anderen Supertalent, zusammen spielen. In vier, fünf Wochen soll der 21-jährige Mittelfeldspieler Doubai sein Comeback geben. YB erhofft sich vom Zusammenspiel der Ivorer noch mehr Spektakel – und Tore.
Volltreffer DoumbiaDer Zuzug Seydou Doumbias schönte die YB-Wechselbilanz der vergangenen Saison massiv. Sven Lüscher, Lucien Denervaud, Felix Bastians, Guillermo Pereyra und Augusto sind nicht mehr da, Eudis kickt bei Servette in der Challenge League. Nur Marc Schneider und David Degen, der immer stärker spielt und seit Wochen überzeugt, sind noch in Bern. Wie Seydou Doumbia, der sportlich und wirtschaftlich ein absoluter Volltreffer gewesen ist.
Die ersten Saisonpartien haben gezeigt, dass YB im Sommer auf dem Transfermarkt vermutlich gute Arbeit geleistet hat. Emiliano Dudar, Scott Sutter und Issam Mardassi sind bisher Verstärkungen, Matar Coly ist noch verletzt. Und die jungen Adrian De Pierro, Christian Schneuwly, Alexandre Pasche und David Frey sind talentiert. (fdr)
http://www.derbund.ch/zeitungen/sport/Doumbias-Weg-zu-den-Young-Boys/story/26013787http://www.derbund.ch/zeitungen/sport/Volltreffer-Doumbia/story/17791205