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«Die AFG Arena betrete ich momentan lieber nicht»

YB-Star Moreno Costanzo (23) schoss am letzten Mittwoch «seinen» FC St. Gallen in die Challenge League und wurde zum traurigsten Torschützen aller Zeiten. Im Gespräch mit SonntagsBlick öffnet er sein Herz.

Die 63. Minute läuft, 1:1 stehts zwischen YB und St. Gallen im letzten Saisonspiel. YB ist virtuell Dritter, St. Gallen Barrage-Teilnehmer. Der Ball rollt zu YB-Spielmacher Moreno Costanzo, der dreht sich und zieht 22 Meter vor dem gegnerischen Tor ab. Mit links, seinem «falschen» Fuss. Ein unhaltbarer Schlenzer – 2:1. YB jubelt, Costanzo aber nicht. Seine Kollegen springen auf ihn, doch er verzieht keine Miene.

YB siegt 4:2, Costanzo hat seinen Herzensklub in die Challenge League geschossen. Zwölf Jahre spielte er für St. Gallen, durchlief die ganze Junioren-Abteilung, lief 68 Mal für die erste Mannschaft auf, ehe er im Sommer 2010 nach Bern wechselte.

Nach dem Match mochte Costanzo nicht reden, verzog sich in die Kabine. Jetzt redet er mit SonntagsBlick über den schlimmen Mittwochabend.

Moreno Costanzo, haben Sie ein schlechtes Gewissen?

Moreno Costanzo: (zögert) Nein. Wie soll ich sagen? St. Gallen ist nicht wegen meinem Tor abgestiegen.

Haben Sie sich nie überlegt, gar nicht zu spielen?

Doch. Zwei, drei Wochen vorher dachte ich: Wenn es so weit ist, will ich vielleicht nicht spielen.

Aber?

Ich bin Profi und habe einen Vertrag bei YB.

Wenn Ihnen so viel an St. Gallen liegt, hätten Sie bestimmt einen Ausweg gefunden.

Nein, unser künftiger Trainer, Christian Gross, war im Stadion. Ich wollte mich gut präsentieren. Und auch im Hinblick auf die U21-EM wollte ich noch einen starken Match spielen.

Was ging Ihnen beim Torschuss durch den Kopf?

Gar nichts.

Und danach?

Das waren ganz komische Gefühle. Unbeschreiblich. Das werde ich nie wieder erleben.

So haben Sie also St. Gallen beerdigt.

Beerdigt finde ich viel zu krass. St. Gallen hat es verpasst, schon vor dem Match gegen uns, den Klassenerhalt zu sichern. Es ist sehr schade, dass St. Gallen runtergeht. Der Verein muss sofort wieder hoch.

Ihre YB-Kollegen feierten nach Spielschluss das Saisonende mit den Fans. Sie nahmen nicht teil. Wo waren Sie?

Ich sass in der Kabine, war sehr traurig.

Wagten Sie sich in die St. Galler Kabine, um Ihre alten Kollegen zu trösten?

Nein, viele kenne ich ja gar nicht. Ich wollte sie nicht provozieren. Jenen, die ich kenne, wie Munti, Frei, Lang oder Lopar, habe ich später noch SMS geschrieben.

Was gabs für Antworten?

Ich solle mir keinen Kopf machen, ich sei nicht schuld am Abstieg.

Gabs auch Beschimpfungen?

Nur zwei SMS von Absendern, die ich nicht kannte. Wer micht kennt, hat mir keinen Vorwurf gemacht.

Was meinten die YB-Spieler?

Die machten dumme Sprüche, wie üblich unter Fussballern.

Werden Sie sich St.-Gallen-Spiele in der Challenge League anschauen?

Vor dem Fernseher sicher. Ob die mich aber ins Stadion lassen? Die AFG-Arena betrete ich momentan lieber nicht.

Gesucht: Position für Costanzo

Der Konkurrenzkampf bei YB ist heftig. Moreno Costanzo kämpft um einen Stammplatz. Der Nationalspieler wäre mit seinen Qualitäten ein Gewinn fürs Team. In welcher Rolle?

Man erkennt an vielen Dingen, wie ambitioniert die Young Boys in dieser Saison sind. So ist kein Vertreter des Vereins nach dem 1:1 im Startspiel gegen Meister Basel mit dem Resultat zufrieden. «Solche Spiele müssen wir gewinnen», sagt zum Beispiel Moreno Costanzo. «Wir waren das bessere Team, und dann genügt uns ein Unentschieden nicht.» Costanzo wurde am Samstag erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt, er gehört derzeit dem prominenten YB-Personal auf der Ersatzbank an. Dort sitzt mit dem jungen Verteidiger François Affolter ein weiterer Schweizer Nationalspieler. «Natürlich würde ich lieber von Anfang an spielen», sagt Costanzo, der nach der U-21-EM später in die Vorbereitung einstieg. Sein Trainer Christian Gross überlegte letzte Woche lange, Costanzo nach dessen starker Darbietung am Uhrencup gegen West Ham (2:1) im linken Mittelfeld in die Startformation zu stellen. Gross entschied sich letztlich für Zugang Raphaël Nuzzolo, der gegen Basel früh eine ausgezeichnete Torchance vergab, später wenig Einfluss nahm und gegen Costanzo ausgetauscht wurde.

Die Forderung von Gross

Seit dem letzten Sommer ist Moreno Costanzo in Bern engagiert, seine erste Saison bei YB verlief mit insgesamt 18 Skorerpunkten in allen Wettbewerben (9 Tore, 9 Assists) ordentlich – obwohl die Young Boys selten überzeugten. In seinem ersten von bisher vier Länderspielen erzielte Costanzo zudem im August 2010 nach später Einwechslung im Testspiel gegen Österreich gleich das Siegtor. «Costanzo ist einer der talentierten YB-Spieler, die nun den nächsten Schritt machen müssen», sagte Gross vor der Saison.

Moreno Costanzo wäre mit seiner Passsicherheit, seiner Spielstärke und seinen Fähigkeiten bei Eckbällen und Freistössen eine Bereicherung für das YB-Spiel. Aber auf welcher Position? Im derzeit von Gross praktizierten 4-4-2-System mit einem Mittelfeld auf einer Linie bleibt für Costanzo fast nur eine Flügelposition, da Michael Silberbauer und Alexander Farnerud im Zentrum gesetzt sind. «Ich kann gut auf der Seite spielen», sagt Costanzo dazu, «das hat ja auch schon geklappt.» Allerdings ist er eher kein Sprinter und setzt sich deshalb noch selten im Laufduell gegen einen Gegenspieler durch. Das sah man auch gegen den FC Basel. Doch Costanzo will um seinen Stammplatz kämpfen. «Die Saison dauert sehr lange, wir werden viele Spiele bestreiten», sagt der Offensivspieler.

David Degens Wert fürs Team

Und vielleicht lässt Christian Gross den 23-jährigen Costanzo ja auch einmal auf der Position des Regisseurs in einem zur Raute formierten Mittelfeld auflaufen – mit Silberbauer hinter ihm und Farnerud sowie David Degen auf den Halbpositionen. Dort allerdings käme die Schnelligkeit Degens vermutlich weniger zum Tragen. Und ohne einen überzeugenden David Degen, der mit Vertrauen und Selbstvertrauen sowie konzentriert und konstant sein riesiges Potenzial ausspielt, dürfte es YB schwer haben, ganz oben in der Liga anzugreifen. Auch Moreno Costanzos Qualitäten könnten hilfreich sein, um Erfolg zu haben.

«Ich werde nie ein Huggel»

Moreno Costanzo muss sich umgewöhnen. Seit Christian Gross Trainer der Young Boys ist, kommt der St. Galler nicht mehr auf seiner bevorzugten Position zum Einsatz. Wohl auch im heutigen Europa-League-Heimspiel gegen Westerlo.

Fussball. Viel Zeit zur Regeneration blieb Moreno Costanzo nicht. Der ehemalige Spielmacher des FC St. Gallen feierte am Ende der vergangenen Saison mit der U21-Nationalmannschaft den Finaleinzug an der EM in Dänemark, danach blieben ihm lediglich zwei Wochen Vorbereitungszeit auf die neue Spielzeit.

«Bei den Young Boys hat sich in diesem Sommer viel geändert», sagt Costanzo und meint damit vor allem den Trainerwechsel von Vladimir Petkovic zu Christian Gross. «Der neue Trainer weiss genau, wie man vorgehen muss, um erfolgreich zu sein. Jeder Spieler weiss, was er zu tun hat. Das ist der grösste Unterschied zu früher.» Aus seinen Worten lässt sich ableiten, dass die Kommunikation mit Gross' Vorgänger nicht immer optimal funktioniert hat.

Auf das Resultat kommt es an

Es gibt Leute in Bern, die behaupten, am vergangenen Samstag habe man beim 2:1-Sieg in Sitten erstmals das neue Gesicht der Young Boys gesehen – jenes, das ihnen den ersten Titelgewinn seit 1986 bescheren soll. Die Berner warteten jedenfalls mit einer kämpferischen Einstellung auf, über die man sich im Vergleich zu früher verwundert die Augen rieb. «Resultatorientiert zu spielen, darauf pocht der Trainer», sagt Costanzo. «Es tönt eigentlich einfach, wir streben das 1:0 an und wollen danach die Führung nicht mehr abgeben.»

Mit dem Einzug von Gross' Leitlinien scheint Costanzo an Einfluss verloren zu haben. Beim Sieg im Wallis und auch beim 1:1 gegen Meister Basel kam der Ostschweizer im linken Mittelfeld zum Einsatz. Nicht die bevorzugte Position des Rechtsfüssers. Doch er relativiert: «Ich bin intelligent genug, um mich zurechtzufinden. Mir kommt zudem entgegen, dass ich einwärts ziehen und mit rechts schiessen kann.»

Nicht der Spielertyp von Gross

Gross schwört auf grossgewachsene, kopfballstarke Spieler. «Ich werde nie ein Benjamin Huggel», sagt Costanzo zu den Präferenzen seines neuen Trainers und vergleicht sich mit dem Basler Mittelfeldspieler. «Aber ich habe andere Qualitäten. Und ich mache noch mehr im Kraftraum.»

Sein spielerisches Talent will der Italo-Schweizer auch im heutigen Europa-League-Heimspiel um 19.30 Uhr gegen Westerlo einbringen. Die bekannteste Figur der Belgier ist Trainer Jan Ceulemans, der für Belgien von 1982 bis 1990 an jeder WM spielte.

In der vergangenen Saison spielten die Young Boys im Europacup so erfolgreich wie lange nicht mehr. Sie zeigten gegen Fenerbahçe Istanbul sowie in den Heimspielen gegen Tottenham, Getafe, Stuttgart und Zenit St. Petersburg starke Leistungen. «Jeder von uns will solch grosse Momente nochmals erleben», sagt Costanzo. «Es ist auch der Anspruch des Clubs, erneut die Gruppenphase der Europa League zu erreichen.» Gegen Westerlo treten die Berner als Favoriten an.

Costanzo fällt vier Wochen aus

Moreno Costanzo wird den Young Boys während rund vier Wochen und damit auch in den bevorstehenden Europa-League-Playoffs gegen den letzten Finalisten Sporting Braga nicht zur Verfügung stehen.

Die heutigen Untersuchungen haben ergeben, dass sich der Nationalspieler Moreno Costanzo eine Bänderverletzung am rechten Fussgelenk zugezogen habe, wie das Stade de Suisse mitteilt. Costanzo werde bei den Berner Young Boys zirka vier Wochen fehlen.

Der medizinische Untersuch ergab, dass Costanzo mehrere Bänder im Fussgelenk in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Der Toggenburger hatte mit seinem schönen Freistosstor zum 2:0 die Partie im Letzigrund entschieden.

Costanzo für Hakan Yakin zum FCL?

Der FCL sucht einen Ersatz für Hakan Yakin, der zu Bellinzona wechselt. Mit Moreno Costanzo (23) von YB kommt ein Name ins Spiel, der Qualitäten besitzt.

Moreno Costanzo entwickelt sich bei den Young Boys nicht wunschgemäss. Der 23-jährige Schweizer Nationalspieler (4 Spiele/1 Tor) hat es schwer unter Trainer Christian Gross. In den ersten zwölf Runden dieser Saison spielte das grosse Talent nur drei Mal in der YB-Startformation, sechs Mal wurde der gebürtige St. Galler eingewechselt, und in einem Spiel blieb er auf der Ersatzbank, während er zwei Partien verletzt verpasste. In neun Spielen und 457 Einsatzminuten gelangen Costanzo immerhin zwei Tore und zwei Assists. Trotzdem ist die Situation für den Italo-Schweizer unbefriedigend. Gross setzt im zentralen Mittelfeld auf den Dänen Michael Silberbauer und den Schweden Alexander Farnerud.

Costanzo passt zum Stellenprofil

Es dürfte auf der Hand liegen, dass sich der hoffnungsvolle Kreativspieler nach einem geeigneteren Arbeitsplatz umsieht, wo er wieder zur benötigten Spielpraxis kommt. Eine Rückkehr zum FC St. Gallen, bei dem er eine erfolgreiche Saison 2009/10 in der Super League spielte und 14 Treffer erzielte, kommt kaum in Frage. Bekanntlich sind die Ostschweizer nach dem Wegzug ihres Spielmachers letzte Saison abgestiegen. Luzern wäre für die Entwicklung des 23-Jährigen die deutlich bessere Adresse. Der FCL steht unter Trainer Murat Yakin weiterhin an der Tabellenspitze – und nach dem Wechsel von Captain Hakan Yakin (34) im Januar zu Bellinzona benötigen die Innerschweizer einen neuen Regisseur. Dabei passt das Stellenprofil der Luzerner bestens zu den Fähigkeiten von Costanzo: Der Offensivspieler besitzt eine tolle Übersicht, er fällt durch die Genauigkeit seiner Pässe und seiner Freistosstore auf.

Stellt sich die Frage, wie gross das Interesse des FC Luzern an einer Verpflichtung von Moreno Costanzo ist? FCL-Präsident Walter Stierli: «Moreno Costanzo? Jetzt beginnt die Zeit der Spekulationen. Das sind alles Spekulationen. Wir beteiligen uns nicht an einem Ranking.» Desinteressiert klingt dieses Statement zwischen den Zeilen nicht. Vor allem wenn Stierli ergänzt: «Es ist jetzt Oktober. Aktionismus bringt nichts. Vor dem 1. Januar 2012, wenn das Transferfenster öffnet, dürfen wir gar nicht mit Spielern verhandeln.»

Costanzo hat bei YB einen Vertrag bis 2014. Gemäss Angaben von Transfermarkt.ch hat der junge Spielmacher einen Marktwert von 1,9 Millionen Franken. FCL-Boss Stierli meint zu dieser stolzen Summe: «Ein Transfer in dieser Höhenordnung ist für uns nicht machbar.» Wobei diese Zahl durch die knappen Einsatzzeiten von Costanzo unter Gross sicher nach unten korrigiert werden könnte.

Der FCL besitzt ein neues topmodernes Stadion, das bisher mit (erwartungsfrohen) Zuschauern sehr gut gefüllt ist, und er hat einen sehr ehrgeizigen Trainer, der sein Bleiben von den Verstärkungen abhängig macht. Für Stierli ist denn auch klar, dass Hakan Yakin als Spielgestalter ersetzt werden muss. Ein Mittelstürmer müsse aber nicht her. Dieser Meinung schliesst sich Murat Yakin an. «Jahmir Hyka kann vorne in der Mitte spielen.»

Gespräch mit Kukeli verschoben

Walter Stierli rechnet in der Winterpause mit zwei bis drei neuen Spielern sowie mit zwei bis drei Abgängen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie weit die Gespräche mit dem defensiven Mittelfeldspieler Burim Kukeli (27) fortgeschritten sind? Stierli sagt, es sei noch nichts beschlossen. Im November sei es noch früh, einen auslaufenden Vertrag bereits zu verlängern. Es komme auf die Überlegungen des Trainers an. «Doch wir wollen Burim Kukeli nicht vor den Kopf stossen. Er ist ein sehr geschätzter Spieler.»

Das ist der mannschaftsdienliche Arbeiter auch bei den FCL-Anhängern. In der vierten Saison bei Luzern wirkt der Kosovare, der in Solothurn aufwuchs und von Schötz zum FCL kam, wie ein Einheimischer. Da würde auch ein allfälliger Wechsel zu YB im Tausch mit Costanzo, der dadurch günstiger würde, kaum für Verständnis sorgen.