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Die Stimmen zum YB-Sieg

«Wir sind eine verdammt gute Mannschaft»

Nach der 1:2 Niederlage von Winterthur gegen die Young Boys kann man dennoch auf eine gute Partie zurückblicken. Hier sind die Stimmen zum Super-League-Fight auf der Schützenwiese.

2:1 mit dem ersten Ballkontakt

Nach diesem Tor will Lakomy das Trikot in sein Museum bringen

Lukasz Lakomy entscheidet für YB das Spiel in Winterthur. Der Pole ist froh, dass er einer Diskussion aus dem Weg gehen kann.

Lukasz Lakomy verlangt nach einem Stift und einem Stück Papier. Das polnische Alphabet besteht aus sechs Grundbuchstaben mehr als das deutsche, ein Schweizer Journalist hat deswegen kaum Chancen, etwas Buchstabiertes sauber zu notieren. Also nimmt Lakomy den Stift und das Papier. Dann schreibt er: «Góra Puławska».

In diesem 2000-Seelen-Dorf ist der YB-Mittelfeldspieler aufgewachsen. Seine Eltern wohnen immer noch dort. Und wenn die Saison vorbei ist, will er dorthin das Trikot bringen, das er in diesem Moment unter der dicken Daunenjacke trägt. Signiert, für das Haus der Eltern, für jenen Raum, in dem schon so viele andere Trikots von ihm hängen. Er nennt den Raum sein «Museum».

Aber warum will er dieses Trikot ausstellen?

Lakomy wird in der 84. Minute eingewechselt. Der Ball liegt schon zum Freistoss bereit, als er noch an der Linie auf seinen Einlass wartet. Er sprintet zum Ball, wechselt ein paar Worte mit Cheikh Niasse und Silvere Ganvoula, die ebenfalls bereitstehen. Dann läuft Lakomy an – und trifft zum 2:1. Mit einer Mischung aus linkem Innenrist und Vollspann. Vor allem aber mit seinem ersten Ballkontakt.

Darum will er dieses Trikot ausstellen.

Mit Males hätte es Diskussionen gegeben

Bei den Junioren hat Lakomy Tore in der Nachspielzeit erzielt, bei den Amateuren ebenfalls. Und bei seinem ersten Tor für YB entschied er das Spiel in der neunten Runde gegen Servette in der zweiten Minute. Aber so ein Treffer, kurz vor Schluss und mit dem ersten Ballkontakt, so ein Treffer ist Lakomy noch nicht untergekommen.

Dass er solche Tore erzielen kann, überrascht ihn jedoch nicht. In der Kälte dieses April-Sonntags erzählt er, wie er sich nach den Trainings zusammen mit Lewin Blum und Darian Males die Bälle schnappt und einen nach dem anderen auf das Tor schiesst. Immer auf der Suche nach dem perfekten Freistoss, Trainingsschüsse auf einer Skala von fragwürdig bis fabelhaft.

Der Freistoss zum 2:1 gegen Winterthur liegt irgendwo in der Mitte dieser Skala. Genau wird man das nie wissen, denn Lakomy hat Glück, dass Remo Arnold den Ball mit dem Kopf so ablenkt, dass Goalie Marvin Keller nur noch zuschaut. Lakomy hat auch Glück, dass Males zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz steht. «Wenn er da gewesen wäre, hätten wir ziemlich lange diskutieren müssen, wer jetzt schiessen darf», sagt Lakomy und geniesst das Lachen des Lockeren.

Späher Yakins gesichtet

Eine Viertelstunde vor Lakomys Treffer bringt Joël Monteiro YB in Führung. Am Strafraum täuscht er zuerst einen Schuss an und verwirrt damit die Kompassnadel seines Gegenspielers Arnold. Dann legt er sich den Ball zurecht und bezwingt Keller, YB-Leihgoalie in Winterthur.

Es ist das vierte Tor des Flügels aus den letzten vier Spielen. Unter den 8400 Menschen auf der ausverkauften Schützenwiese sitzt übrigens Giorgio Contini, Assistenz von Nationaltrainer Murat Yakin, der in diesem Moment vielleicht tatsächlich kurz an die Einbürgerungsbehörden denkt. Diese behandeln gerade das Dossier des Portugiesen Monteiro. Und während die Europameisterschaft immer näher kommt, wandert dieses Dossier ja vielleicht mit jedem seiner Treffer eine Prioritätsschublade nach oben.

Aldin Turkes gleicht die Partie zwischenzeitlich aus. Der Stürmer sagt am Ende über sich und seine Kollegen: «Ich finde, wir sind eine verdammt gute Mannschaft.» Aus objektiver Sicht darf man finden, dass der Berner Sieg passt. YB-Trainer Joël Magnin sichert ihn, indem er in der 90. Minute Stürmer Ganvoula aus dem Spiel nimmt und Innenverteidiger Aurèle Amenda auf den Platz schickt. In den letzten Minuten verteidigt YB mit einer Fünferabwehr.

Amenda darf lange nur zuschauen

Amenda spielt auch deswegen nicht von Anfang an, weil ihm in den letzten Partien immer wieder Fehler unterlaufen sind. Anel Husic übernimmt in Winterthur. Er kommt auf erstaunliche 103 Ballkontakte und löst die meisten Szenen zur Berner Zufriedenheit. Aber er spielt im eigenen Drittel auch einen Ball zum Gegner, der danach mindestens zu einem Abschluss kommen müsste. Fast der gleiche Fehler unterläuft Husics Zentrumskollegen Mohamed Ali Camara. Wie schon so oft in dieser Saison.

Aber wer fragt nach solchen Fehlern nach einem Sieg, mit dem die Berner die sechs Punkte Vorsprung auf Platz 2 bewahren? Jetzt haben die Young Boys jedenfalls erst mal zwei Wochen Pause, bevor es im Letzigrund gegen den FC Zürich mit dem ersten Spiel der Finalrunde weitergeht.

Zwei Wochen werden die Young Boys also trainieren. Unter anderem: Freistösse.


Winterthur - YB 1:2 (0:0)

Schützenwiese. – Vor 8400 Menschen. – SR Schnyder.

Tore: 70. Monteiro 0:1, 81. Turkes 1:1, 84. Lakomy 1:2 (direkter Freistoss).

YB: von Ballmoos; Blum (67. Janko), Camara, Husic, Hadjam (84. Persson); Males (67. Itten), Niasse, Lauper (84. Lakomy), Monteiro; Elia, Ganvoula (90. Amenda).

Bemerkungen: YB ohne Ugrinic, Lustenberger, Benito (verletzt).

Winterthur – YB 1:2

Monteiros Traum-Dribbling schickt Winti auf die Bretter

In Zusammenarbeit mit blue Sport präsentiert Blick die Highlights der Partie Winterthur – YB (1:2).

Winti-Coach gibt trotz Pleite eine gute Visitenkarte ab

War das Rahmens YB-Bewerbung?

Das Spiel zwischen Winti und den Young Boys ist ein weiteres Bewerbungsschreiben für Patrick Rahmen als künftigen YB-Coach. Die Zürcher zeigen Qualitäten, die man in Bern in dieser Saison schmerzlich vermisst.

Patrick Rahmen (55) kann seinen Ärger nach der unglücklichen 1:2-Pleite gegen Leader YB nicht verbergen. «Das war eine Topleistung von uns. Leider hatten wir nicht die Effizienz, die YB heute gezeigt hat», so der Winterthurer Trainer. «Es wurmt mich, dass wir keinen Punkt mitgenommen haben.»

Doch obwohl sein Team nach zwölf ungeschlagenen Spielen wieder einmal als Verlierer vom Platz muss, zeigt Rahmen auch im Duell gegen YB, warum er als Kronfavorit auf den freien Trainerstuhl in Bern gilt: schnell, leidenschaftlich und frech. Attribute, die für den Rahmen-Fussball stehen – und die man in dieser Saison bei YB trotz Tabellenführung phasenweise etwas vermissen liess.

Nur ein Tolggen in Rahmens Unterlagen

Schnell, wie Winti-Stürmer Baroan, der nach 80 Sekunden die Blitzführung aus spitzem Winkel nur knapp verpasst. Oder wie die zahlreichen Konter, die sein Team nach Balleroberungen immer wieder aufs Berner Tor zurollen lässt.

Leidenschaftlich, wie sich die Winterthurer bei garstigen Temperaturen in jeden Zweikampf werfen und ihr Tor aufopferungsvoll verteidigen. So wie Arnold, der kurz nach der Pause einen Ganvoula-Abschluss noch von der Linie grätscht.

Und frech, wie es wieder Baroan nach einer halben Stunde aus 70 (!) Metern mit einem Distanzschuss über den weit vor dem Tor stehenden von Ballmoos versucht. Und von Rahmen mit Applaus belohnt wird.
Was den Winterthurern gegen YB aber für einmal fehlt, ist neben der Effizienz die nötige Portion Glück. Ausgerechnet der sonst bärenstarke Arnold lenkt kurz vor Schluss einen Freistoss von Lakomy unglücklich zum Berner Siegestreffer ins eigene Tor ab. Der nur Sekunden zuvor eingewechselte Pole sorgt so für den einzigen Tolggen in Rahmens Bewerbungsunterlagen: Als Trainer bleibt er auch in seinem siebten Spiel gegen die YB ohne Sieg.

Spieler wollen Rahmen nicht ziehen lassen

Trotzdem wissen sie in Winterthur ganz genau, was sie an Rahmen haben. «Er ist ein akribischer und demütiger Trainer, der uns Spieler immer weiterentwickelt», sagt Arnold. Und auch Joker Turkes, der mit für den zwischenzeitlichen Ausgleich sorgt, schwärmt: «Der Trainer macht schon die ganze Saison einen Riesenjob. Es wäre sehr wichtig, dass er auch nächste Saison noch bei uns ist.»

Doch sollte YB in den nächsten Wochen beim Thema Rahmen Ernst machen, dürfte es schwierig werden, den Basler über den Sommer hinaus auf der Schützenwiese zu halten. Nach Blick-Infos haben zwar noch keine konkreten Gespräche stattgefunden. Ein loses Abtasten zwischen beiden Parteien gab es aber bereits.

Mit der ersten Ballberührung

YB-Held Lakomy erklärt sein kurioses Freistoss-Tor

Mit seinem Joker-Tor beschert Lukas Lakomy (23) YB einen 2:1-Sieg gegen Winterthur. Weil seine Teamkollegen auf den Polen hören.

Handgestoppte 27 Sekunden steht Lukas Lakomy (23) gegen Winterthur auf dem Platz, als sein Freistoss zum 2:1-Siegestreffer ins Netz segelt. YB-Leihgabe Marwin Keller (21) ist beim abgelenkten Versuch ohne Abwehrchance. Und muss anschliessend zusehen, wie der Berner Superjoker zum Jubeln abdreht.

Nach der Partie verrät YB-Held Lakomy: «Ich habe zuerst gar nicht realisiert, dass wir einen Freistoss haben.» Erst als er auf den Platz gelaufen sei, habe er die Position des Balles gesehen. «Ich habe dann sofort meinen Teamkollegen zugerufen, dass ich schiessen möchte», erzählt der Mittelfeldspieler. Und weil die YB-Standardschützen Males und Lauper zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf dem Platz stehen, kommen seine Teamkollegen dem Wunsch des Polen nach.

«Ein verrückter Moment. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal mit meiner ersten Ballberührung ein Tor erzielt zu haben. Auch bei den Junioren nicht», sagt Lakomy. Sein zweiter Treffer im YB-Dress sei darum sogar noch etwas spezieller als sein Debüttor. Das Trikot vom Sieg gegen Winterthur soll darum im Sommer einen Platz in seinem Elternhaus in Polen bekommen.

YB wieder auf Meisterkurs

Bis auf den kuriosen Lakomy-Treffer gibt der Berner Auftritt auf der Schützenwiese allerdings wenig her, das langfristig in Erinnerung bleiben wird. Das Team von Interimstrainer Joël Magnin legt auf der Schützenwiese zwar einen ordentlichen, aber alles andere als unwiderstehlichen Auftritt hin. «Am Ende hatten wird das nötige Glück auf unserer Seite», sagt darum auch Sandro Lauper im Blue-Interview.

Zumindest resultatmässig scheint YB aber rechtzeitig zum Start der Championship Group wieder den Tritt gefunden zu haben. Nach dem Sieg gegen Winterthur haben die Berner zehn Punkte aus den letzten vier Spielen gesammelt. Der Vorsprung auf Verfolger Lugano beträgt fünf Runden vor Schluss weiter sechs Zähler.

YB: So feiern Fans und Spieler den Auswärtssieg in Winterthur

YB schlägt Winterthur dank eines späten Freistoss-Tores und feiert den ersten Auswärtssieg seit Anfang Februar. Entsprechend gross ist die Freude bei den Fans.

Das Wichtigste in Kürze

- Die Berner Young Boys feiern einen 2:1-Auswärtssieg in Winterthur.
- Joker Lukas Lakomy trifft kurz nach seiner Einwechslung per Freistoss.
- In zwei Wochen geht es für Gelbschwarz in der «Championship Group» weiter.

YB reagiert am Sonntagnachmittag auf die Siege von Servette und Lugano vom Samstag. Die Berner bezwingen den FC Winterthur auswärts mit 2:1. Joker Lakomy schiesst sein Team wenige Sekunden nach seiner Einwechslung per Freistoss zum Vollerfolg (Video unten).

In der Tabelle bleibt Gelbschwarz damit sechs Punkte vor dem ersten Verfolger aus dem Tessin. Und: Das 2:1 in Winterthur ist der erste Auswärtssieg von YB nach zwölf Wochen. Entsprechend gross ist die Freude beim Berner Anhang.

Nach Abpfiff feiern die mitgereisten Fans ihr Team mit dem üblichen «We love you»-Gesang (Video oben). Die Spieler hüpfen nach dem letzten Spiel der «Regular Season» munter umher. Auch eine Fackel ist im Gästeblock zu sehen.

Für die Young Boys geht es in zwei Wochen in der «Championship Group» weiter. Dort trifft der aktuelle Meister zuerst auswärts auf den FCZ, dann folgt das Heimspiel gegen den FC Lugano.