01.03.2024
Zitat:
Den Meister kaltgestellt, der FC Sion im Cupfieber
Die Walliser schreiben ein neues Kapitel ihrer Cupgeschichte. Als Unterklassiger Meister YB entzaubert.
Was für eine Cup-Party vor 14’200 Fans im Tourbillon! Der unterklassige FC Sion kegelte mit YB den Meister aus dem Wettbewerb. Faktisch eine Überraschung, anhand des Spielverlaufs war es absolut keine. Erst in den letzten Aktionen der Nachspielzeit musste der bis dahin souveräne auftretende Leader der Challenge League um seinen Erfolg bangen.
Didier Tholots Taktik sah nicht unerwartet eine personelle Massierung in der eigenen Hälfte vor. Hier wurden die Räume eng gemacht, damit nahm man YB das Tempo aus dessen Spiel. Das eigene schnelle Umschalten bei Ballbesitz zeigte Wirkung, über aussen fand Sitten die nötigen Freiräume.
YB lange Zeit harmlos
Eine solche Situation stand am Ursprung der Führung, welche den Favoriten erstmals ins Wanken brachte. Ein schnell ausgeführter Freistoss, Lavanchy mit Freiheiten über rechts und eine schnelle Hereingabe, die YBs Defensive sichtlich überraschte. Chouaref traf aus kurzer Distanz an Cup-Torhüter Racioppi vorbei zum 1:0 (20.).
Das brachte die Stimmung, welche man im und ums Tourbillon seit Jahren nicht mehr erlebt hat, erstmals zum Kochen. Das Walliser Cupfieber ist bereits im Viertelfinal gegen den Meister neu entfacht worden.
YB, das bis dahin nur bei einem frühen Itten-Kopfball nach einem Eckball ansatzweise gefährlich wurde, wirkte pomadig und unaufmerksam. Kabacalmans Weitschuss zwang Racioppi zu einer heiklen Intervention (24.), und dann schien Amendas Intervention im Strafraum gegen Chouaref nicht ganz sauber zu sein. Ref San pfiff nicht.
Was kam jetzt von YB? Wenig. Ohne Tempospiel gegen einen in der eigenen Zone gut organisierten Gegner wirkte der Meister offensiv zusehens ideenlos. Die Berner, in der Super League mit den besten Werten beim Toreschiessen, brachten bis zur Pause keinen einzigen gefährlichen Abschluss auf das gegnerische Tor zustande.
Als nur wenige Sekunden in der zweiten Hälfte gespielt waren und Fayulu einen abgelenkten Schuss knapp vor der Linie blockieren musste, schien sich eine Reaktion des Favoriten anzudeuten. Doch die Walliser konnten sich spielerisch immer aus einer drohenden Umklammerung lösen.
Das zweite Tor machte alles möglich
YB blieb weiterhin weit weg von einer Dominanz, um den Ausgleich zu erzwingen. Blums weite Einwürfe oder schon etwas verzweifelte Versuche aus der Distanz reichten nicht aus, um gefährlich in die Abschlusszone zu kommen.
Und dann kam sie: die Situation, die endgültig alles möglich machte. Ziegler schlug einen weiten, schwer zu berechnenden Freistossball in den Strafraum, wo Schmied mit seinem Kopfball vorerst an Racioppi scheiterte. Bouchlarhem kommt an den Abpraller nicht ganz heran – doch da ist Sorgic, der wuchtig und sicher zum 2:0 verwertet.
Keineswegs aus heiterem Himmel, denn der FC Sion war zuvor schon mit seinen schnellen Kontern gefährlicher als ein YB, das jetzt endgültig an seinem mangelndem Tempo und seiner Berechenbarkeit zu scheitern drohte. YB-Trainer Wicky reagierte und ersetzte die beiden wirkungslosen Monteiro und Itten, am Spielgeschehen änderte sich kaum etwas. Der FC Sion gewann die wichtigen Duelle in seiner Zone.
Das eine verlor Kabacalman trotzdem. Er schätzte einen weiten Ball falsch ein. Elia kann unbedrängt für Ganvoula auflegen, der zum 2:1 trifft (81.).
YBs Lattenschuss in der Nachspielzeit
Doch die Zeit läuft den Bernern davon. Die verzweifelten letzten Angriffe bleiben unkoordiniert, und jetzt liegen die Nerven blank. Ersatztorhüter Von Ballmoos wird wegen Reklamierens auf der Bank verwarnt, kurz da-rauf auch Lustenberger.
Aber es kam doch noch zur Ansammlung im Sittener Strafraum. Zuerst klärt Torhüter Fayulu mit den Fäusten, und dann muss er das Glück des Tüchtigen in Anspruch nehmen: Beim Eckball von Lakomy kommt Ganvoula an den Ball und zimmert den aus kurzer Distanz an die Latte. Den Abpraller setzt Husic neben das Tor (91.) – das wars.
Glück benötigte der FC Sitten nur in der Nachspielzeit, ansonsten hatte man das nervenaufreibende Cupspiel gut im Griff. Derweil im Tourbillon die Party der Spieler mit den Fans steigen konnte, werden die Fragezeichen bei YB und Trainer Raphael Wicky grösser. In der Meisterschaft kann es wieder eng werden, und jetzt ist man als Cupverteidiger am unterklassigen FC Sion gescheitert.
Es könnte unruhige Tage beim Meister absetzen.
https://pomona.ch/story/383281/den-meis ... en-lugano-