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Erstmals kein alkoholfreies Bier

Uefa füllte heimlich YB-Fans ab

Die Fans wussten nicht, dass ab dieser Saison bei Europacup-Spielen wieder Alkohol ausgeschenkt werden darf. Auch ein Stadtrat wankte nach dem Match gegen Dinamo aus dem Wankdorf.

Kaum ein Fussball-Fan hat etwas davon mitbekommen: Während der Weltmeisterschaft in Russland hat die Uefa bekannt gegeben, dass bei Europacup-Spielen wieder alkoholhaltiges Bier in den Stadien erlaubt ist. Jahrelang herrschte auf europäischer Bühne ein striktes Alkoholverbot.

Die (fast heimliche) Aufhebung des Verbots ist vielen YB-Fans beim Spiel gestern gegen Dinamo Zagreb nicht gut bekommen, meldet Radio Energy Bern. Etliche Fans becherten im Stade de Suisse ordentlich – im Glauben, sie würden, wie bei internationalen Spielen üblich, alkoholfreies Bier trinken. Heute meldeten sich mehrere Fans verwundert beim Radio. Sie waren mit einem Kater erwacht, nachdem sie gestern massiv zu viel getrunken hatten.

Einer von ihnen ist GFL-Stadtrat Manuel C. Widmer. Er habe sechs grosse Becher getrunken – und es später bitter bereut. «Ich bin aus dem Stadion geschwankt und habe den Ausgang fast nicht mehr gefunden», sagt der Politiker. In seinem Fall habe er dem Namen Wankdorf gestern alle Ehre gemacht.

«Bewusst nicht auf die Aufhebung des Bierverbots hingewiesen»

YB-CEO Wanja Greuel sagt gegenüber Energy Bern: «Wir haben schon während des Spiels Rückmeldungen von Fans betreffend Bier erhalten.» Zudem seien inzwischen auch Mails von Zuschauern reingekommen, die wissen wollten, weshalb jetzt wieder alkoholhaltiges Bier verkauft werde. Greuel betont: «An den Verkaufsständen war alles klar deklariert.»

Der Klub habe bewusst nicht im Vorfeld gross auf die Aufhebung des Bierverbots hingewiesen, um den Alkoholkonsum etwas zu drosseln. Das 1:1 war denn für die Fans auch wenig berauschend.

Die Fans von Dinamo Zagreb halten Berner Polizei auf Trab

Beslästigung, Pyrotechnik und illegale Einreise, die Fans von Dinamo Zagreb zeigten sich nicht von der besten Seite.

Die Fans des kroatischen Fussballclubs Dinamo Zagreb haben einen schlechten Ruf. Vor allem die gewaltbereite Ultra-Gruppierung Bad Blue Boys sorgte in der Vergangenheit für Negativschlagzeilen – auch gestern machten sie vor dem Champions-League-Spiel gegen YB nicht einen sonderlich guten Eindruck.

Laut der Berner Kantonspolizei wurde den Fans im Vorfeld mitgeteilt, dass Fanmärsche in der Stadt Bern grundsätzlich nicht gestattet sind – dennoch liefen die Fans gestern via Lorrainebrücke ins Stadion. Man habe den Marsch aus Gründen der Verhältnismässigkeit toleriert, aber begleitet, sagt Christoph Gnägi, Mediensprecher der Kantonspolizei.

Schon am Nachmittag rückte die Polizei an den Altenberg aus. Dort hatten es sich rund 50 Fans gemütlich gemacht. Die teils stark alkoholisierten Fans pöbelten und belästigten Schwimmerinnen und Schwimmer. «Wir haben mehrere Meldungen bezüglich verbaler Belästigung und eine wegen einer Berührung erhalten», sagt Gnägi. Die Kantonspolizei rückte daraufhin aus und versuchte vergeblich, den Grabscher ausfindig zu machen. Dabei kam auch das Dialogteam, darunter Kroatisch sprechende Polizisten, zum Einsatz und nahm direkt Einfluss auf die Fans.

Pyrotechnik beschlagnahmt

Bereits vor dem Spiel kontrollierte die Polizei ein kroatisches Auto und fand unerlaubte Gegenstände. So stellte die Polizei Pyrotechnik sicher und kontrollierte einen Mann, der mit einer Einreisesperre belegt war. Gestützt auf bekannte Vorfälle anlässlich von Fussballspielen sowie Erkenntnisse oder Informationen von anderen Polizeien oder Behörden kann die Kantonspolizei Bern beim Fedpol einen Antrag auf eine zeitlich befristete Einreisesperre gegen eine Person stellen.

Auch nach dem Abschlusspfiff musste die Polizei einschreiten: «Einige Gästefans suchten nach dem Spiel aktiv die Konfrontation mit YB-Fans», sagt Gnägi. Dies habe man mit der Abgabe eines Gummischrotschusses verhindern können.

YB: Halb voll, halb leer

Am Tag nach dem aufwühlenden Auftritt gegen Dinamo Zagreb lenken sich die Young Boys mit Geschäftigkeit ab. Gerardo Seoane fällt mit seiner Analyse, Kevin Mbabu mit Abgeklärtheit auf.

Es gibt Grundsätze, die verschiebt nicht einmal ein Fussballspiel. Ball und Erde bleiben rund, die Geschichte schreiben die Gewinner und: halb voll war schon immer auch halb leer. Wer will, kann das alles irgendwie auf die Young Boys und ihre aufregende Reise durch Europa ummünzen, die sie in diesen Tagen antreten. 1:1 stand es am späten Mittwochabend nach 90 Hinspielminuten im Playoff zur Champions League gegen Dinamo Zagreb.

Einen Sieger, der die Geschichte schreibt, gibt es erst am späten Dienstagabend nach mindestens 90 Rückspielminuten im Zagreber Maksimir-Stadion, und auch diese Partie wird mit allergrösster Wahrscheinlichkeit mit einem runden Ball ausgetragen werden. Bleibt vor dem erneuten Vergleich mit dem kroatischen Serienmeister also einzig die Frage: halb voll oder halb leer?

Probleme im Abschluss?

«Halb voll», sagte YB-Trainer Gerardo Seoane am Mittwoch noch an der Pressekonferenz und zeigte sich so als entscheidungsfreudigster Exponent beim Schweizer Meister. Am Tag nach dem Auftritt, den YB lange Zeit als Gala inszenierte, begegnen sie bei den Young Boys der aufgekommenen Ernüchterung nach dem schwierigen Resultat mit ausgesprochener Geschäftigkeit.

Die B-Belegschaft trainiert, die A-Auswahl rehabilitiert, und Seoane sagt, ab Donnerstagmittag gelte die Konzentration bei YB vollumfänglich dem Meisterschaftsspiel vom Samstagabend gegen Xamax im Stade de Suisse. «Es gibt genug zu überlegen: Wer ist wie fit? Und wer braucht eine Pause?»

Dieser Fokus ist im Augenblick die einzig richtige Route im eng getakteten Europacup-Fahrplan der Berner. Und doch lässt sich über die Schlüsselszenen vom Mittwochabend durchaus noch ein wenig mehr nachdenken. Hat die offensive Power von Kevin Mbabu den Young Boys nicht nur zum 1:0 verholfen, sondern auch zum 1:1 geführt? Gilt es, im Rückspiel genauso aufzutreten wie Dinamo in Bern? Und: Hat YB, die Mannschaft, die noch vergangene Saison mit offensiver Variabilität glänzte wie keine andere, Probleme im Abschluss?

Seit Wochen ist Mbabu der Überflieger bei den Bernern. «Wir sind auf seine Qualitäten angewiesen», sagt Seoane – und nimmt ihn bei der Szene vor dem 1:1, wo der Aussenverteidiger auf der Höhe des gegnerischen Strafraums weilte, in Schutz: «Unser Angriff lief über seine Seite, es ist klar, dass er da mitzieht. In solchen Situationen dürfen wir uns nicht überrumpeln lassen und müssen uns mit anderen Kräften absichern.»

Ein grundsätzliches Problem in der Chancenverwertung sieht der Coach nicht, auch wenn er einräumt, dass sich zuletzt immer wieder solche Tendenzen offenbart hätten – bis am Mittwoch immer ohne Folgen.

Nachdenken, nicht nachlassen

Skorende Verteidiger wie Mbabu sind also hochwillkommen. Im September wird er vielleicht sein erstes Länderspiel für die Schweiz absolviert haben, und derzeit ist er nicht nur bester Einzelspieler bei YB, sondern fällt im nicht immer einfach zu handhabenden Interesse an seiner Person mit enormer Abgeklärtheit auf.

«Das frühe Tor war sowieso unser Ziel», sagt er zu seinem ersten Treffer in der zwölften Europacup-Partie mit YB. In Anbetracht seiner aktuellen Verfassung muss es nicht unbedingt der letzte gewesen sein.

Längst geht bei Heimspielen ein Raunen durchs Publikum, sobald der Lockenkopf am Ball ist. «Das nehme ich nicht wahr, da bin ich zu konzentriert», sagt Mbabu. Konzentration scheint eine weitere Stärke des 23-jährigen Genfers zu sein. Andere begehrte Akteure pflegte man bei YB schon vor der Presse fernzuhalten, Mbabu aber steht Woche für Woche hin. Am Donnerstag sagte er: «Ich bin fokussiert. Und abseits des Platzes denke ich schon auch über meine Zukunft nach.»

Die Champions League sei ein Traum, für ihn, für YB, aber ob sie auf seinem Weg bis Ende August und bei der Transferzeit massgebend sein werde, könne er nicht sagen. Die Uhr tickt, und allerspätestens seit Mittwoch dürfte Europa die aktuell heisseste YB-Aktie kennen.