11.09.2017
Zitat:
Das Angebot dankend angenommen
YB nutzt die Schwächen der Konkurrenz, schlägt Lugano verdient mit 3:0 und ist wieder Leader.
Pausen können Wunder wirken. Zugegeben, zwei Wochen können nicht alles verändern. Aber aus den Young Boys ist nach der ersten Saisonzäsur wieder ein Leaderteam geworden - und zwar gleichermassen in der Tabelle wie auf dem Platz. «YB profitiert und steht wieder an der Spitze» - so ähnlich hätte die Schlagzeile schon vor zwei Wochen lauten können. Zürich spielte damals nur unentschieden, ebenso der FC Basel, frei war der Weg für die Berner. In St. Gallen tat sich ein müdes YB aber schwer und verpasste mit dem 2:2 den Sprung an die Spitze.
Ziemlich ähnlich sah es vor dem Heimspiel gestern Nachmittag gegen Lugano aus. Der Aufsteiger FCZ (1:1 gegen St. Gallen) patzte, Meister Basel (1:2 gegen Lausanne) rutschte gar komplett aus. Die Young Boys empfingen die Tessiner also mit Rückenwind, aber durchaus auch mit zusätzlichem Druck - schliesslich lässt das Urteil, wonach ihnen in solchen Situationen die Kaltblütigkeit abgehe, in Fussballbern nie lange auf sich warten.
Doch obwohl die Berner nicht sonderlich druckvoll in diese Partie starteten und mit Benito (Prellung) schon früh einen ersten Verletzten zu beklagen hatten, und obwohl die gut organisierten Tessiner lange Zeit den Eindruck machten, nach zuletzt vier Spielen ohne Niederlage auch aus Bern etwas Zählbares mitnehmen zu können, behielten die Young Boys die Nerven.
Nur Verletzte trüben das Bild
Das 1:0 machte das dann auch bedeutend einfacher. Kurz vor der Pause fehlte nach einem Eckball Sulejmanis für kurze Zeit die Ordnung bei den ansonsten gut strukturierten Luganesi - Nsamé profitierte und traf zur Führung. «Wir haben uns in wenigen Minuten alles kaputt gemacht», befand später Lugano-Trainer Pierluigi Tami. Ein paar Sekunden nach Wiederanpfiff nämlich ging Carlinhos - mitten in der Hälfte der Berner und bereits verwarnt - gegen Nuhu mit offener Sohle zu Werke. Die Konsequenz war so indiskutabel wie fatal: Gelb-Rot, Lugano fortan zu zehnt. «Da darf man nie so übermotiviert rein», sagte Tami, «das muss er noch lernen.»
YB profitierte auch in dieser Hinsicht, aber den einen oder anderen Stolperstein hielt der Spielverlauf für die Berner auf ihrem Weg auf den Leaderthron noch bereit. Bereits zur Pause hatte sich Hoarau - schon länger auf der Suche nach seiner Form - auswechseln lassen, wie vor zwei Wochen schon zwickte es ihn im Oberschenkel. Und in der 61. Minute holte sich zwar Bertone mit einem etwas rustikalen Einsteigen Gelb ab, knickte dabei aber so unglücklich um, dass auch er die Segel streichen musste.
Die Young Boys sind auch eine Leadermannschaft, weil Trainer Adi Hütter von der Bank in einer solchen Situation Spieler wie Lotomba, Assalé und Ngamaleu bringen kann. Jungspund Lotomba brachte gewohnt viel Tempo mit, Assalé konnte in der 62. Minute von Luganos Mihajlovic im Strafraum nur durch ein Foul gestoppt werden und Ngamaleu, der Neue aus Kamerun, gefiel mit feiner Ballbehandlung und offensichtlicher Spielfreude. Der Sprung an die Spitze verlangte YB gestern viel ab - ein Erfolg der Marke Arbeitssieg war es dennoch nicht. Zu klar waren die Berner Spielanteile schliesslich in Überzahl, zu deutlich war am Ende der Unterschied. Dass sich das auch resultatmässig niederschlug, dafür sorgten Assalé und Nsamé. Der Ivorer Assalé traf nach dem unterschlagenen Elfmeter dafür nach Doppelpass mit Debütant Ngamaleu, und zwar im elften Auftritt zum ersten Mal überhaupt in dieser Saison.
Der Kameruner Nsamé krönte einen starken Nachmittag wenig später nach einer Kombination über Lotomba, Assalé und Fassnacht mit dem zweiten Treffer. «Ich finde mich immer besser zurecht hier», sagte der letztjährige Topscorer der Challenge League, der eine Liga höher nun auch schon bei vier Saisontoren steht. Gut möglich, dass der neue ivorisch-kamerunische YB-Sturm auch am Donnerstag gegen Partizan Belgrad zum Einsatz kommt.
YB kann mit breiter Brust in die Europa-League-Gruppenphase starten. «Eine schöne Momentaufnahme», mehr sagte Hütter nicht zur neuen Tabelle. Für die Berner war das 3:0 der gelungene Auftakt zu anstrengenden Wochen: Bis Anfang Oktober stehen sechs Spiele an, danach geht es in die nächste Länderspielpause. Und bis dahin kann man ganz schön müde werden.
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