Mbabu und Sanogo ragen herausMeister YB blickt auf eine intensive Saison mit 52 Pflichtspielen zurück. Mehrere Akteure brillierten dabei sehr. Nun wird das Kader für die nächste Saison unter Hochdruck geplant.
Eine überragende YB-Saison ging am Sonntag mit einer grossen Enttäuschung zu Ende. Die Young Boys haben nach dem 1:2 gegen den FC Zürich im Cupfinal nun die letzten sechs Partien verloren, in denen es um einen Titel ging (vier Cupfinals, zwei Finalissimas).
Aber sie haben auf dem Weg zu diesen Entscheidungsspielen jede Menge wichtige Begegnungen gewonnen – und in dieser Saison ohnehin den Ruf des Verliererteams abgestreift. Am Montag verabschiedeten sich Spieler und Staff in die Ferien, viele wichtige Mitglieder dieser wunderbaren Meistermannschaft werden beim YB-Trainingsstart am 20. Juni nicht mehr dabei sein.
Bisher stehen einzig die Abgänge von Trainer Adi Hütter (zu Frankfurt) und Verteidiger Marco Bürki (zu Waregem) sowie das Ende der Leihe von Torhüter Alexandre Letellier (von Angers) fest – aber es werden mindestens vier weitere Spieler gehen. Und der Zeitpunkt der Kommunikation von Hütters Abschied vor bald zwei Wochen erwies sich nicht unerwartet als heikel.
ie Saisonbilanz der YB-Spieler in 52 Pflichtspielen. Anklicken zum Vergrössern. Quelle: Transfermarkt.ch, red
Genauso wie die ausgelassenen Feierlichkeiten und die Wechselgelüste der besten Kräfte. Auch deswegen verpassten die Young Boys das Double und die vielleicht beste Saison der 120-jährigen Vereinsgeschichte. Aber solche Dinge lassen sich im Fussball nicht exakt planen.
Assalé und Nuhu bauten abYB bestritt in der abgelaufenen Spielzeit 52 Pflichtspiele (33 vor der Winterpause), davon 10 im Europacup und 6 im Cup. Unser Spieler der Saison unter mehreren ausgezeichneten Akteuren ist Kevin Mbabu.
Der Rechtsverteidiger war an guten Tagen kaum zu bremsen und selbst an weniger guten Tagen einer der auffälligsten Berner. Sein ausserordentlicher Wert für das Team wurde am Sonntag noch einmal belegt. Mbabu fehlte im Cupfinal gesperrt, seine Läufe und Flanken wurden schmerzlich vermisst, weder Jordan Lotomba (vor der Pause) noch Thorsten Schick (in der zweiten Halbzeit) waren auch nur annähernd ein Ersatz.
Noch wichtiger für YB ist Sékou Sanogo im zentralen Aufbau. Mit seiner Dominanz und Wucht war der Ivorer fast unersetzlich, er weist mit 4,76 auch den besten Notenschnitt dieser Zeitung aus.
Roger Assalé und Kasim Nuhu überzeugten ebenfalls über weite Strecken der langen Saison sehr. Sie werden YB wie Mbabu verlassen, wobei die beiden in der Schlussphase ihren (hohen) Marktwert nicht verbesserten und auch im Cupfinal enttäuschten. Möglicherweise belasteten die zahlreichen Angebote Assalé und Nuhu.
Beide werden wie Mbabu von Vereinen aus der finanzkräftigen Premier League wie von mehreren Bundesligisten umworben. Sehr konkret ist Hoffenheims Interesse an Nuhu, die Konkurrenz ist aber gross. Assalé wiederum dürfte die höchste Ablösesumme generieren, man hört von über 15 Millionen Franken, er hat mit 35 Skorerpunkten bis weit in die Rückrunde brilliert.
Mehrere Talente im KaderLeonardo Bertone (Holland?) und wohl Christian Fassnacht (HSV?) werden YB ebenfalls verlassen. Bei Sanogo wiederum, dem eine lukrative Offerte aus Deutschland vorliegt, müssen die Young Boys den Lohn in die Topkategorie anheben.
Djibril Sow schliesslich, unser Aufsteiger der Saison, ist trotz mehreren Interessenten aus dem Ausland nicht abgeneigt, noch ein Jahr in der Schweiz zu bleiben. Die Perspektiven in Bern sind ja ebenfalls reizvoll, die Champions League lockt.
Andere junge Spieler wie Lotomba und Goalie David von Ballmoos dürften derweil bald den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung realisieren, sie hatten bereits in der Vorrunde eine gute Rolle gespielt.
Mbabu fehlte im Cupfinal gesperrt. Das war stark spürbar. Und Sanogo war mit seiner Wucht und Dominanz fast unersetzlich.Die Leistungsträger Steve von Bergen, der am meisten Einsatzminuten auf dem Konto hat, und Guillaume Hoarau werden derweil mit 35 und 34 Jahren vermutlich nicht mehr ganz so stark forciert werden, Goalielegende Marco Wölfli wohl wieder ins zweite Glied rücken.
Und: Im Kader stehen mit Jean-Pierre Nsame, Nicolas Ngamaleu, Pedro Teixeira, Gregory Wüthrich und Michel Aebischer neben Lotomba und von Ballmoos weitere entwicklungsfähige Akteure bereit.
Abass Kandidat im SturmMit dem früheren YB-Junior Sandro Lauper von Thun haben die Young Boys zudem schon einen äusserst vielversprechenden, polyvalent einsetzbaren Fussballer verpflichtet. Vier, fünf weitere Spieler werden kommen, der Club ist bereit, ins Team zu investieren.
Als Linksverteidiger ist weiter Ulisses Garcia (Bremen) ein Thema, zudem wird ein begabter zentraler Abwehrspieler gesucht – und je nach Abgängen auch Akteure fürs zentrale Mittelfeld sowie für den Flügel.
Im Sturm wird Assalé von einem Assalé-Typ ersetzt. Ein ernsthafter Kandidat ist Issah Abass, 19-jähriger Angreifer aus Ghana, der zuletzt für den slowenischen Spitzenclub NK Olimpija Ljubljana 11 Tore in 32 Pflichtspielen schoss. Abass ist wie Assalé schnell, wendig, klein gewachsen (1,73 m) – und dürfte nicht für unter 2,5 Millionen Franken Ablösesumme zu haben sein.
Tami, Weiler, Magnin, Mister XDie YB-Verantwortlichen lassen sich durch die vielen Gerüchte um ihre Fussballer nicht beunruhigen. Sie wollen ihre Philosophie konsequent weiterführen, und dazu gehören nun mal die Verkäufe der talentiertesten Fussballer. In dieser Woche will YB vorerst mal den Nachfolger von Adi Hütter präsentieren.
Topkandidaten sind weiterhin der frühere U-21-Nationaltrainer Pierluigi Tami (zuletzt GC und Lugano) sowie René Weiler, der 2017 mit Anderlecht belgischer Meister wurde. Aber es gibt auch Leute im Betrieb, die sich eine Beförderung von Joel Magnin vorstellen könnten. Der frühere YB-Spieler arbeitet seit Jahren als U-21-Coach der Young Boys.
Bereits die Rivalen Basel (mit Raphael Wicky) und Zürich (mit Ludovic Magnin) installierten den höchsten Nachwuchstrainer des Vereins. Was eine konsequente Haltung ist. Die drei Topclubs setzen stark auf entwicklungsfähige Spieler. Eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen ist bei YB erneut die Ernennung eines ausländischen Fussballlehrers.
Und die umfassenden Umbauarbeiten bei den Young Boys werden auch nach der Ernennung des neuen Chefcoachs weitergehen, die Zeit steht nach dem ersten Meistertitel seit 1986 nicht still. Die Ansprüche sind gestiegen – und im Erfolg passieren zuweilen die grössten Fehler.